ICE-Neubaustrecken – Schnellfahrstrecken in Deutschland

ICE-Streckennetz in Deutschland und im benachbarten Ausland

 


Deutschland hat ein dichtes und mit einer Länge von 33.400 Kilometern eines der längsten Eisenbahnnetze Europas.[1] Bereits 1973 begann der Bau zweier Schnellfahrstrecken, die jedoch wegen massivem Widerstand seitens der Bevölkerung erst zwischen 1988 und 1991 in Betrieb genommen werden konnten.[2] Selbst im Jahr 2021 betrug die Gesamtlänge aller Schnellfahrstrecken, auf denen 250 km/h oder mehr gefahren werden kann, nur magere 1077 Kilometer. Die verstreut liegenden Neubaustrecken werden durch Ausbaustrecken, die für 200 Stundenkilometer (tw. 230 km/h) ausgelegt sind, ergänzt.

Als 1991 die ersten 23 ICE-1-Züge in den Fahrplan integriert wurden, verkehrten sie nur auf der westdeutschen Nord-Süd-Achse zwischen München und Hamburg. Das ICE-Netz dehnte sich allerdings rasch in die Fläche aus, und auch kleinere Städte wollten unbedingt von den lichtgrauen Hochgeschwindigkeitszügen profitieren. Aufgrund der dichten Siedlungsstruktur und der damit geringen Distanzen zwischen den Bahnhöfen sind selbst dort, wo Neubaustrecken genutzt werden, keine hohen Reisegeschwindigkeiten möglich. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland auf dem achten Platz, hinter China, Japan, Frankreich, Italien, Taiwan, Spanien und Marokko. Während in Japan und Frankreich von vielen Zügen Durchschnittsgeschwindigkeiten von 250 bis über 260 km/h erzielt werden – in China gar bis 315 km/h – liegen die Reisegeschwindigkeiten in Deutschland bei maximal 200 bis 210 km/h. Nur wenige Non-Stop-ICEs schaffen zwischen Frankfurt Flughafen und Siegburg 232 km/h.[3] Geschwindigkeiten über 250 Stundenkilometer sind in Deutschland kaum rentabel, weswegen der ICE 4 – das künftige Rückgrat des innerdeutschen Fernverkehrs – auch nur für eine Höchstgeschwindigkeit von 250 bzw. 265 km/h ausgelegt ist.[4]

Internationale Verbindungen

Der Intercityexpress ist nicht nur in Deutschland unterwegs. Schon in den Neunzigerjahren bekamen einige ICE-1-Garnituren Zusatzausrüstungen, um in der Schweiz fahren zu können.[5] Auch Österreich profitierte ab 1998 vom hohen Komfort der Superzüge.[6] Mit der Einführung des Mehrsystem-ICE-3 zur Jahrhundertwende war es den Fahrgästen erstmals möglich, mit dem Intercityexpress bis nach Amsterdam zu reisen.[7] Zwischen München und Zürich werteten ab 2001 sogenannte „Diesel-ICEs“ den Personenverkehr durchs Allgäu auf. Da der Oberbau jedoch noch nicht für bogenschnelles Fahren vorbereitet war, brachten diese ICE-Einsätze gegenüber herkömmlichen Intercity-Zügen keinerlei Fahrtzeitgewinne ein.[8] Technische Pannen an der ICE-TD-Flotte sowie ein unwirtschaftlicher Betrieb beendeten die Verbindung München – Zürich nach nur zweieinhalb Betriebsjahren.[9] Nach sehr langen und teuren Zulassungsverfahren durften die Mehrsystem-ICE-3-Züge ab Dezember 2002 planmäßig nach Brüssel[10] und ab Juni 2007 nach Paris sprinten.[11] Einige ICE-TD-Einheiten feierten Ende 2007 ein Comeback auf den Relationen Hamburg – Århus und Hamburg – København, vereinzelt sogar als Verlängerung bis nach Berlin.[12] 2017 wurde der Plandienst nach Dänemark eingestellt und durch herkömmliche Triebwagenzüge ersetzt.[13]

So selbstverständlich es seit Jahren ist, dass ICE-Züge auch bis ins benachbarte Ausland verkehren, so alltäglich ist inzwischen der Anblick ausländischer Hochgeschwindigkeitszüge auf innerdeutschem Terrain. Zuerst kam der TGV in Form des Thalys PBKA nach Deutschland. Seit Ende 1997 verbindet er Paris und Brüssel mit Köln, teilweise wird auch Düsseldorf angebunden.[14][15] Nur ein viertel Jahr später kamen italienische Neigezüge der Baureihe ETR 470 von Mailand über Zürich nach Stuttgart.[16] Sie verkehrten unter dem Markennamen Cisalpino und ergänzten die Einsätze mit ICE-T-Zügen zwischen Stuttgart und Zürich auf der sogenannten Gäubahn. Die technischen Unzulänglichkeiten der italienischen Hochgeschwindigkeitszüge ruinierten den Ruf von Cisalpino. Ende 2006 stellte man deren Betrieb auf der Gäubahn endgültig ein.[17] Auch die ICEs wurden im März 2010 von der Gäubahn abgezogen.[18] Seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2017 können die Fahrgäste von Frankfurt mit dem EuroCity-Express (ECE) umsteigefrei und komfortabel über die Schweiz nach Mailand reisen. Hierfür werden italienische Neigezüge der Serie ETR 610 eingesetzt, die sich bisher bewährt haben.[19] Auch auf der Relation München – Zürich, dem ehemaligen Einsatzgebiet des ICE TD, fahren die ETR 610 seit Dezember 2020 bogenschnell. Die Strecke durch das Allgäu ist dafür elektrifiziert und modernisiert worden.[20] Zu guter Letzt sei der österreichische railjet erwähnt, der bereits seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2008 bis nach München kommt.[21] Im Juni 2020 erfolgte die nächste Expansion der railjet-Einsätze: von Wien über Prag nach Dresden und Berlin.[22]

Übersicht aller Schnellfahrstrecken in Deutschland

Hannover – Würzburg [23]

Mannheim – Stuttgart [24]

Oebisfelde – Berlin [25]

Frankfurt – Siegburg [26]

Köln – Düren [27]

Rastatt Süd – Offenburg [28]

Nürnberg – Ingolstadt [29]

Schliengen – Haltingen [28]

Erfurt – Leipzig/Halle [30]

Ebensfeld – Erfurt [30]

Wendlingen – Ulm [31]

Interne Links zum ICE-Streckennetz

Quellenangaben

  1. „Deutsche Bahn: Daten & Fakten 2020“, Deutsche Bahn Konzern, Broschüre, S. 27.
  2. Horst J. Obermayer: „Internationaler Schnellverkehr: Superzüge in Europa und Japan“, Franckh-Kosmos-Verlag Stuttgart, 1994, S. 145.
  3. „World Speed Survey“, Railway Gazette International, 31.03.2023.
  4. „Geschwindigkeitserhöhung auf 265 km/h beim ICE 4", DB-Systemtechnik, Meldung vom Mai 2020.
  5. Murray Hughes: „Die Hochgeschwindigkeitsstory – Eisenbahnen auf Rekordfahrten“, Alba Publikation AIF Teloeken GmbH + Co. KG, Düsseldorf, 1994, S. 188.
  6. „ICE in Österreich“, Eisenbahn-Revue International, Ausgabe 7–8/98, S. 282.
  7. „Neue Zeiten, neue Züge“, DB mobil, DB news signale, Ausgabe 5/2000, S. 10.
  8. „Bahn verschiebt Ausbau im Allgäu“, Süddeutsche Zeitung Digital, 21.06.2001.
  9. „20 Jahre InterCityExpress“, Bahn Extra, 6/2004, S. 74.
  10. „ICE 3 doch nach Brüssel“, Bahn Extra, 6/2004, S. 74.
  11. „Premierenfahrten mit ICE und TGV nach Paris“, Eisenbahn-Revue International, Ausgabe 7/2007, S. 326.
  12. „Neuland für den ICE“, bahn mobil, Ausgabe 11/2007, S. 52–53.
  13. „Deutsche Bahn schickt Diesel-ICE endgültig in Rente“, MDR, 29.09.2017.
  14. Brian Perren: „Der TGV – mit hoher Geschwindigkeit zum Erfolg“, Minirex Verlag, Luzern, S. 63.
  15. „Auf neuer Strecke mit Tempo 250 nach Berlin“, ZUG, Ausgabe 9/1998, S. 7.
  16. „Die Neigezüge ETR 470 der Cisalpino AG“, Eisenbahn-Revue International, Ausgabe 11/1999, S. 462.
  17. Michael Petersen: „Seit 2006 keine Direktverbindung nach Mailand mehr“, Stuttgarter Zeitung, 30.03.2013.
  18. Wolfgang Messner, Michael Petersen: „Gäubahn erfüllt Hoffnungen nicht“, Stuttgarter Zeitung, 04.10.2012.
  19. „Fernverkehr: Fahrplan des ECE Frankfurt – Mailand mit ETR 610“, Eurailpress, 25.10.2017.
  20. „Neue Eurocity-Express: Verpatzte Premierenfahrt des ‚Astoro‘“, Merkur.de, 14.12.2020.
  21. „Neue Eurocity-Express: Verpatzte Premierenfahrt des ‚Astoro‘“, Merkur.de, 14.12.2020.
  22. „Deutsche Bahn: Neuer Railjet verbindet ab Dienstag Berlin mit Praha/Wien/Graz“, LOK Report, 15.06.2020.
  23. Horst J. Obermayer: „Internationaler Schnellverkehr – Superzüge in Europa und Japan“, Franck-Kosmos Verlags-GmbH + Co., Stuttgart, 1994, S. 145.
  24. Horst J. Obermayer: „Internationaler Schnellverkehr – Superzüge in Europa und Japan“, Franck-Kosmos Verlags-GmbH + Co., Stuttgart, 1994, S. 147.
  25. „Die Schnellbahn Hannover – Berlin“ in: „ICE“, Bahn Special 9703, S. 31.
  26. „Hochgeschwindigkeitsstrecke Köln – Rhein/Main“, Eisenbahn-Revue International, 10/2022, S. 456–459. Insg. 177 km; 300 km/h-Abschnitt: 144 km zwischen Siegburg/Bonn und Frankfurt Flughafen.
  27. „Testzug erreichte erstmals eine Höchstgeschwindigkeit von 275 km/h zwischen Köln und Düren“, DB Presseinformation, 049/2003.
  28. „Karlsruhe – Basel“, DB BauInfoPortal, Grafik vom Juli 2022.
  29. „Neu- und Ausbaustrecke Nürnberg – Ingolstadt – München“, Bahn Pressemitteilung, 31.01.2005.
  30. „Schnellfahrstrecke Berlin – München erreicht wichtigen Meilenstein“, InnoTrans Report Sept. 2012.
  31. „Neubaustrecke Wendlingen–Ulm fit für Hochgeschwindigkeit“, Deutsche Bahn, Presseinformation, 28.03.2022.