Shinkansen Serie 800 – Hochgeschwindigkeitszug auf Kyushu in Japan

Shinkansen Serie 800 im Bahnhof Kurume. –  © Wikipedia-Autor JKT-c
Shinkansen Serie 800 –  © Christopher P. Hood
Shinkansen Serie 800 –  © Christopher P. Hood

Kyushu ist die drittgrößte Insel Japans. Aktive Vulkane und die großflächige Gebirgsstruktur erschwerten die Installation eines Shinkansen-Systems. Bereits 1973 einigte man sich auf die Trassierung: Die Städte Fukuoka (Hakata) im Norden Kyushus und Kagoshima im Süden sollten durch eine Schnellfahrstrecke verbunden werden. Doch erst im September 1991 begannen die Bauarbeiten zwischen Yatsushiro und Kagoshima. 1998 folgte der erste Spatenstich am nördlichen Abschnitt zwischen Yatsushiro und Funagoya bei Chikugo. Drei Jahre später erteilte man auch am letzten Abschnitt zwischen Funagoya und Fukuoka den Bauarbeitern grünes Licht.

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Betrieb auf dem ersten Abschnitt des Kyushu-Shinkansen

Am 13. März 2004 startete der Betrieb mit Hochgeschwindigkeitszügen der Serie 800 auf dem 126,1 Kilometer langen südlichen Abschnitt zwischen Shin-Yatsushiro und Kagoshima-Chuo. Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 260 Stundenkilometern dauerte die Fahrt zwischen diesen beiden Städten lediglich 35 Minuten. Die Superzüge verkehren übrigens als „Tsubame“, was übersetzt „Schwalbe“ heißt. Solange noch nicht die komplette Shinkansen-Strecke befahrbar war, mussten die Reisenden zwischen Fukuoka und Shin-Yatsushiro kapspurige Züge – die sogenannten „Relay Tsubame“ – nutzen. Obwohl nur ein Teilstück der Neubaustrecke genutzt werden konnte, schrumpfte die Reisezeit zwischen Fukuoka und Kagoshima von 3 Stunden 40 Minuten auf nur noch 2 Stunden 12 Minuten. Zu diesem guten Wert trug auch die nur dreiminütige Umsteigezeit in Shin-Yatsushiro bei, weil sowohl Schmalspur- als auch Normalspurzüge an derselben Plattform hielten. Außerdem beinhalteten die Tickets beide Zugsysteme. Der Bahnbetreiber JR Kyushu machte jedenfalls den Reisenden die Reise so einfach wie möglich und erhielt dafür sogar den „Japan Railway Award“.

Überhaupt sorgt JR Kyushu für ein attraktives Gesamtsystem, um mehr Fahrgäste in ihre Züge zu locken. Besonders Touristen kommen auf ihre Kosten; günstige Fahrkarten, Park-and-Ride-Systeme und extra Sightseeing-Züge sind hier zu nennen. Alle diese Anstrengungen spiegeln sich natürlich in den Fahrgastzahlen wider. Fuhren vor der Einführung des Shinkansen pro Tag zirka 3900 Fahrgäste mit der Bahn, waren es im Jahr 2009 sage und schreibe 8600 Passagiere. Vor allem Pendler nutzten die Hochgeschwindigkeitszüge und sorgten für eine 260 prozentige Zunahme der Fahrgastzahlen zwischen 2004 und 2007. Im Jahr 2011 gab es pro Tag sage und schreibe 70 Tsubame-Zugläufe mit den sechsteiligen Garnituren der Baureihe 800, was für die große Beliebtheit des neuen Schnellbahnsystems sprach.

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Shinkansen-Netz

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Der zweite Abschnitt des Kyushu-Shinkansen

Die Errichtung des nördlichen, 130 Kilometer langen Abschnittes der Schnellfahrtrasse war sehr aufwendig. Dicht besiedelte Ballungszentren und der hohe Gebirgsanteil erforderten eine große Anzahl von Kunstbauten. 70 Prozent der Bahnanlage verlaufen erhöht, der Tunnelanteil liegt bei üppigen 30 Prozent. Der längste Tunnel ist 12,1 Kilometer lang, die maximale Steigung liegt bei 35 Promille. Am 22. März 2010 feierte man in Kumamoto den Lückenschluss und Ende August des gleichen Jahres konnten die ersten Testfahrten beginnen. Einen Tag nach dem verheerenden Erdbeben und Tsunami ging am 12. März 2011 der 130 Kilometer lange nördliche Abschnitt der Neubaustrecke ohne Eröffnungszeremonien in Betrieb. Da die Kyushu-Strecke nun direkt an die Sanyo-Trasse angebunden war, lag es nahe, auch durchgehende Verbindungen bis nach Shin-Osaka anzubieten. Dafür beschaffte man frühzeitig Hochgeschwindigkeitszüge der Serie N700, die seit 2011 im Sakura- und Mizuho-Dienst verkehren.

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Die Technik und Inneneinrichtung der Shinkansen-Serie 800

Hitachi stellte vorerst sechs Shinkansen-Hochgeschwindigkeitszüge der Baureihe 800 für den Dienst auf der Kyushu-Neubaustrecke her. Die erste sechsteilige Einheit verließ im August 2003 das Testgelände von Hitachi und wurde zur Eisenbahngesellschaft JR Kyushu gebracht. Im späten September 2003 begannen die Testfahrten mit diesem Zug. Die anvisierte Höchstgeschwindigkeit im Plandienst liegt bei 260 km/h. Technisch sind die Superzüge jedoch für 285 km/h ausgelegt. Auffallend ist das veränderte Design der Endwagen im Vergleich zum Vorgängermodell, der Baureihe 700. Die Kopfform ähnelt nun nicht mehr einem Entenschnabel, soll aber dennoch genauso effektiv Mikroschockwellen bei Tunneleinfahrten vermeiden. 2008 kam es seitens JR Kyushu zu einer Nachbestellung von drei Zügen, damit nach der Eröffnung des zweiten Abschnittes der Neubaustrecke keine Kapazitätsengpässe entstehen konnten, doch bereits zwischen 2009 und 2011 gliederte der Bahnbetreiber die neuen Züge im Fahrplan ein. Interessanterweise ist in den zwei nachbestellten Garnituren U007 und U009 ein Gleisüberwachungssystem eingebaut worden, während die Einheit U008 eine Oberleitungs-Überwachungseinrichtung enthält. So sparte man sich die Kosten für einen gesonderten Prüfzug à la Doctor Yellow.

Nicht nur die Gestaltung des Exterieurs gilt als gelungen, auch die Inneneinrichtung ist alles andere als langweilig. Schließlich verweilen die Blicke der Fahrgäste „dank“ des hohen Tunnelanteils öfters im Zuginneren. Jede Garnitur beinhaltet nur Sitzplätze der zweiten Klasse (Standard Class), die jedoch ausgesprochen luxuriös gestaltet wurde. Die komfortablen Sitze mit der Raumaufteilung von 2+2 sehen im Vergleich zu den anderer Shinkansen-Baureihen natürlicher aus, da hier Holz und besondere Sitzpolstermuster zum Einsatz kommen.

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Technische Daten:
Zug- / Baureihenbezeichnung:Shinkansen Serie 800
Einsatzland:Japan
Hersteller:Hitachi
Anzahl der Züge:9 Züge
Anzahl der Züge im Detail:1. Serie: 6 Züge (U001-U006)
2. Serie: 3 Züge (U007-U009)
Zugtyp:Triebwagenzug
Anzahl der Endwagen:2 Endwagen
Anzahl der Mittelwagen:4 Mittelwagen
Anzahl der Sitzplätze 1. / 2. Klasse / Restaurant:--- / 392 / --- (392 insg.)
Sitzplätze im Detail:1. Serie: 392 Sitzplätze
2. Serie: 384 Sitzplätze
Baujahre:2000–2010
Inbetriebnahme:März 2004
Spurweite:1435 mm
Stromsystem(e):25 kV / 60 Hz
Zugleitsystem(e):KS-ATC
Technisch zugelassene Höchstgeschwindigkeit:285 km/h
Höchstgeschwindigkeit im Plandienst:260 km/h
Antriebsleistung des Zuges:6.600 kW
Jakobsdrehgestelle:Nein
Neigetechnik:Nein
Zug fährt auch in Traktion:Nein
Anzahl der Achsen / davon angetrieben:24 / 24
Achsformel:Bo'Bo'+Bo'Bo'+Bo'Bo'+Bo'Bo'+Bo'Bo'+Bo'Bo'
Länge / Breite / Höhe der Endwagen:27.350 / 3380 / 3650 mm
Länge / Breite / Höhe der Mittelwagen:25.000 / 3380 / 3650 mm
Zuglänge:154,7 m

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Quellenangaben

  1. „Tsubame takes to the rails in Kyushu“, Railway Gazette International, News vom 01.10.2003.
  2. Shuichi Takashima: „Railway Operators in Japan 14 – Kyushu Region“, Japan Railway and Transport Review 40, März 2005.
  3. Takashi Kitagawa: „Extending the Shinkansen Network“, Japan Railway and Transport Review 40, März 2005.
  4. „Shinkansen prototype launched“, Railway Gazette International, News vom 20.11.2008.
  5. Ryuta Yakoshima: „Kyushu Shinkansen and Background to Establishment“, Japan Railway and Transport Review 57, März 2011.
  6. „The Exterior and Interior Design of New Shinkansen Trains“, Japan Railway and Transport Review 57, März 2011.
  7. „Shinkansen Japanese High-speed rail“, MLIT – Ministry of Land, Infrastructure, Transport and Tourism, Präsentation vom 27.04.2011.
  8. „Three Shinkansen extensions approved“, Railway Gazette International, News vom 19.07.2012.
  9. „La japonesa JR Central pone en servicio el primero de los trenes de alta velocidad N700A“, www.altavelocidad.org, News vom 21.02.2013.
  10. „Deep secrets of maglev Shinkansen emerging“, The Japan News – The Yomiuri Shimbun, 14.10.2013.
  11. „The 800 Series and the new 800 Series Shinkansen“, JR Kyushu Railway Company Website, abgerufen am 10.09.2014.
  12. „Shinkansen Baureihe 800", Website JR-PLUS.CH, abgerufen am 11.09.2014.
  13. „800 Series Shinkansen“, englischsprachige Wikipedia, abgerufen am 11.09.2014.
  14. „Shinkansen-Baureihe 800“, deutschsprachige Wikipedia, abgerufen am 11.09.2014.