Shinkansen Serie E5 – Hochgeschwindigkeitszug in Japan

JR East Shinkansen Serie E5 als "Hayabusa" erreicht Omiya. – 06.03.2011 © Wikipedia-Autor Toshinori baba
Shinkansen Serie E5 in der Gran Class (Luxusklasse). – 20.02.2011 © Wikipedia-Autor yisris
JR E5 (S11) Vorserienzug in Sendai – 25.07.2009 © D A J Fossett

Der Nordosten Japans wurde erst im Jahr 1982 mit Hochgeschwindigkeitszügen an das Shinkansennetz angeschlossen. Allerdings waren die Züge der Baureihe 200 anfangs nur mit 210 Stundenkilometern auf der Tohoku-Linie unterwegs. Erst 1990 hob der Betreiber JR East die Höchstgeschwindigkeit auf 275 km/h an. Auch die ab 1997 neu erschienenen Baureihen E2 und E3 waren nicht schneller.[1]

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Versuchszug FASTECH 360

In Zusammenarbeit mit der Bahnindustrie erarbeitete JR East ab 2002 technische Lösungen, die Systemgeschwindigkeit auf ihren Schnellfahrstrecken zu erhöhen. Diese manifestierten sich unter anderem in den beiden Versuchszügen FASTECH 360, die ab Sommer 2005 und Frühjahr 2006 für umfangreiche Tests zur Verfügung standen. JR East hatte sich das Ziel gesteckt, den besten Shinkansen-Zug der Welt mit zu entwickeln. Konkret ging es um eine Verbesserung der Sicherheit und Umweltfreundlichkeit, um die Erhöhung des Fahrkomforts und natürlich um die Anhebung der Maximalgeschwindigkeit.[2] Aus dem dreijährigen Versuchsprogramm kristallisierte sich für künftige Serienzüge eine optimale Betriebsgeschwindigkeit von 320 Stundenkilometern heraus. Zwar wäre die Sicherheit selbst bei 400 km/h noch gegeben, dagegen sprachen allerdings die hohen Umweltschutzauflagen sowie hohe Betriebskosten.[1]

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Shinkansen Vorserie E5

Ab Juli 2007 folgte die Fertigung von 10 Hochgeschwindigkeitszügen der Vorserie E5, die aus dem Fastech 360 S abgeleitet wurden. Bereits im Juni 2009 lieferten die Hersteller Hitachi und Kawasaki den ersten Vorserienzug an JR East ab. Die E5-Prototypen unterschieden sich allerdings in einigen Hauptmerkmalen vom Versuchszug FASTECH 360 S. Die auffallend stylisch langgezogene Kopfform der Endwagen ist „nur“ noch 15 statt 16 Meter lang, die aerodynamischen Vorzüge konnten jedoch durch die Optimierung der Dachpartie und den Wegfall unnötiger Elemente beibehalten werden. Hier durfte man keine Kompromisse eingehen, denn schließlich war die Reduzierung des Überschallknalls (Sonic Boom) bei Tunneleinfahrten ein wichtiges Kriterium für die Erfüllung der strengen Umweltschutzauflagen. Der Einholmstromabnehmer musste ebenfalls so leise wie möglich funktionieren und erfuhr eine aerodynamische Optimierung. Außerdem darf immer nur ein Pantograph an der Oberleitung anliegen. Zur großen Überraschung scheint es akustisch einen Unterschied zu machen, ob bei der Stromentnahme im Knie- oder Spießgang gefahren wird. Vorschrift ist, dass die Spitze des Knies vom Stromabnehmer in Fahrtrichtung zeigt (Kniegang). Weiterhin wurden Stresstests durchgeführt und anschließend die Komponenten, die dem Verschleiß unterliegen, zerlegt. Hieran war zu erkennen, wie zuverlässig die einzelnen Bestandteile des Zuges arbeiten und wie hoch die Wartungsintervalle zu sein haben. Innerhalb von eineinhalb Jahren legte jeder der zehn E5-Prototypen rund 600.000 Kilometer zurück, vorwiegend zwischen Sendai und Kitakami.[1][5]

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Der Shinkansen E5 im Einsatz

Insgesamt 59 zehnteilige Shinkansen-Züge der Serie E5 hatte JR East geordert. Darin waren die 10 Vorserienzüge bereits enthalten, die man übrigens nach den Tests zu Serienfahrzeuge umrüstete. Ende 2010 wurden die ersten drei Serienzüge abgeliefert und bereits am 5. März 2011 nahmen sie den Fahrplanbetrieb auf. Eisenbahn-Enthusiasten waren bereit, umgerechnet mehrere tausende Euro für ein Ticket zu zahlen, nur um bei der Jungfernfahrt dabei zu sein! Die Fahrkarten waren binnen 20 Sekunden ausverkauft![3] Die Hochgeschwindigkeitszüge kommen als Hayabusa (Falke) nur nördlich von Tokio zum Einsatz, hauptsächlich auf den Tohoku-Shinkansen zwischen Tokio und der 2011 neu ans Schnellfahrnetz angeschlossenen Stadt Aomori. In den ersten Tagen war die Maximalgeschwindigkeit auf 300 km/h begrenzt, dennoch legten die neuen Shinkansen-Züge die 675 Kilometer lange Distanz in immerhin 3 Stunden 10 Minuten zurück. Täglich gab es zwei Umläufe zwischen Tokio und dem Bahnhof Shin-Aomori.[1][4]

Ursprüngliche Pläne, die Höchstgeschwindigkeit Ende 2011 auf 320 km/h heraufzusetzen, wurden schnell fallen gelassen, als sich bereits wenige Tage nach der Jungfernfahrt das große Erdbeben im Nordosten Japans ereignete. In der Folge limitierte JR East den Betrieb auf den Tohoku-Shinkansen für einige Zeit auf 275 km/h. Erst zum 16. März 2013 hob JR East die Höchstgeschwindigkeit der E5-Züge endlich auf 320 Stundenkilometer an, und zwar zwischen Utsonomiya und Morioka. Seitdem liegen Tokio und Aomori 3 Stunden 5 Minuten auseinander.[5]

Mit der Einführung dieser komplett neuen Shinkansen-Generation scheiden nach und nach die Züge älterer Bauart aus – vornehmlich die Serien 200 und E1. Im März 2013 gab JR East bekannt, dass bereits 25 Züge der Serie E5 abgeliefert wurden und die Originalfahrzeuge der Baureihe 200 ab sofort ausgemustert seien.[5][1]

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Shinkansen-Netz

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Technik und Design der Shinkansen Serie E5

Am hervorstechendsten ist wohl die außergewöhnliche Form der Endwagen mit der 15 Meter langen „Entenschnabel-Nase“. Das Design ist besonders aerodynamisch und lärmmindernd. Überhaupt wurde bei der Gestaltung der Züge auf niedrige Geräuschemissionen Wert gelegt, um dem Umweltschutz Rechnung zu tragen und den Fahrkomfort zu verbessern. So sind entlang des ganzen Zuges Schallschutzschürzen angebracht, die gen Gleisbereich ragen und auch die Drehgestelle verdecken. Die Wagenübergänge sind mit Membranen verkleidet und schließen bündig mit der Außenhaut der Züge ab. Zur Steigerung der Laufruhe und des Fahrkomforts wurden zwischen den Drehgestellen und den Wagenkästen mehrere Dämpfungssysteme installiert. Die Luftfederung hemmt nicht nur die Vibrationsübertragung vom Fahrgestell zum Wagenkasten; durch eine gezielte Regelung des Luftdrucks in den Bälgen kann sich dieser in den Kurven sogar etwas neigen. Zudem ist ein System von Sensoren und Motoren installiert, das seitliche Schwingungen kompensiert.[1][6]

Natürlich können die Züge der Serie E5 auch in Traktion fahren, wobei sich dann die Höchstgeschwindigkeit nach dem langsamsten Zugtyp richtet. Das heißt: fahren die Serie E5 und Serie E3 (Komachi) zusammen, ist bei 275 km/h Schluss. Bilden die Baureihen E5 (Hayabusa) und E6 (Super Komachi) eine Doppeltraktion, verkehren sie als „Hayate“ mit 300 km/h, seit März 2014 sogar mit 320 km/h.[5]

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Inneneinrichtung

Entsprechend dem Wunsch der betuchten Fahrgäste nach einer weiteren Differenzierung der Sitzgelegenheiten in den Zügen führt jede Komposition drei Wagenklassen. Die nobelste ist die „Gran Class“ – die Luxusklasse sozusagen. Helle massive Ledersitze mit Fußstützen und individueller Beleuchtung stehen aber nur 18 Fahrgästen zur Verfügung, die außerdem den im Fahrpreis enthaltenen Komfort von Getränken und leichten Malzeiten am Platz genießen können.[3] Es folgt die sogenannte „Green Class“ mit zwei mal zwei Sitzplätzen nebeneinander, die vom den Annehmlichkeiten her in etwa zwischen der hiesigen ersten und zweiten Wagenklasse anzusiedeln ist. Den meisten Platz bietet allerdings die „Standard Class“, in der die Fahrgäste mit einer 2+3-Bestuhlung vorlieb nehmen müssen.[1]

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Technische Daten:
Zug- / Baureihenbezeichnung:Shinkansen Serie E5
Einsatzland:Japan
Hersteller:Hitachi Ltd., Kawasaki Heavy Industries
Anzahl der Züge:59 Züge
Zugtyp:Triebwagenzug
Anzahl der Endwagen:2 Endwagen
Anzahl der Mittelwagen:8 Mittelwagen
Anzahl der Sitzplätze 1. / 2. Klasse / Restaurant:--- / --- / --- (731 insg.)
Sitzplätze im Detail:658 Standard-Klasse,
55 Green-Klasse,
18 Gran Klasse
Baujahre:2009–2015
Inbetriebnahme:05.03.2011
Spurweite:1435 mm
Stromsystem(e):25 kV / 50 Hz
Zugleitsystem(e):DS-ATC
Technisch zugelassene Höchstgeschwindigkeit:320 km/h
Höchstgeschwindigkeit im Plandienst:320 km/h
Antriebsleistung des Zuges:9.960 kW
Beschleunigung des Zuges:0,47 m/s²
Jakobsdrehgestelle:Nein
Neigetechnik:Ja
Zug fährt auch in Traktion:Ja
Anzahl der Achsen / davon angetrieben:40 / 32
Achsformel:2'2' + Bo'Bo' + Bo'Bo' + Bo'Bo' + Bo'Bo' + Bo'Bo' + Bo'Bo' + Bo'Bo' + Bo'Bo' + 2'2'
Federung:Aktive Luftfederung
Länge / Breite / Höhe der Endwagen:26.500 / 3350 / 3650 mm
Länge / Breite / Höhe der Mittelwagen:25.000 / 3350 / 3650 mm

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Quellenangaben

  1. Shinichiro Tajima: „Opening of Tohoku Shinkansen Extension to Shin Aomori and Development of New Faster Carriages – Overview of Series E5/E6“, Japan Railways & Transport Review No. 57, March 2011.
  2. „FASTECH 360 High-Speed Shinkansen Test Train to Debut“, East Japan Railway Company Press Release, 09.03.2005.
  3. „Highspeed-Zug mit Entenschnabel“, Spiegel Online, 07.03.2011.
  4. „Tohoku Shinkansen Series E5 Hayabusa – 2011.3.5 debut!“, JR East Japan Railay Company Website, abgerufen am 05.06.2011.
  5. „JR East introduces 320 km/h running“, Railway Gazette International, 19.03.2013.
  6. „Development of Series E5 Shinkansen Rolling Stock“, JR East Technical Review, No. 16.