Lötschberg-Basistunnel: Sicherheit, Züge, Betrieb

Mit der Teileröffnung des Lötschberg-Basistunnels am 9. Dezember 2007 wurde ein wichtiger Baustein der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) in Betrieb genommen. Er gehört zu den modernsten Bahntunneln der Welt und wird täglich von 50 Personen- und 60 Güterzügen befahren.[1] Die Auslastung liegt aktuell bei fast 97 Prozent[2][5], weil etwa 21 Kilometer des 34,6 Kilometer langen Tunnels nur einspurig befahren werden kann.[3] Finanzielle Engpässe erlaubten bislang nicht den vollständigen Ausbau des viertlängsten Tunnels der Welt.

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Bauarbeiten am Lötschberg-Basistunnel

1994 fanden die ersten Sondierungen im Bereich des heutigen Basistunnels statt. Erst 1999 begannen die eigentlichen Bauarbeiten. Der Vortrieb wurde zu vier Fünfteln im konventionellen Sprengvortrieb ausgebrochen, was der wechselnden Geologie und dem bautechnisch schwierigen Gestein geschuldet war. Tunnelbohrmaschinen kamen also nur auf 20 Prozent der Länge zum Einsatz. Um die Menge des Abbruchmaterials zu illustrieren, gibt die BLS in einer Broschüre an, dass damit ein Güterzug von 4100 Kilometern Länge gefüllt werden könnte.[3]

Lötschberg-Basistunnel: Schematischer Aufbau, Copyright: André Werske

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Technische Daten des Lötschberg-Basistunnels

Die beiden Tunnelröhren liegen rund 40 Meter auseinander und sind alle 333 Meter mit Querstollen verbunden. Das Nordportal in Frutigen liegt in einer Höhe von 776,5 Metern über Normalnull. Die Trasse steigt im Tunnel auf 828,2 Meter an und endet am Südportal Raron auf 654,2 Metern Höhe. Züge müssen nur eine Steigung von maximal 13 Promille bewältigen. Aus Komfort-, Sicherheits- und Kostengründen entschied man sich für den Einbau einer festen Fahrbahn mit Gummiabsorbern. Die Fahrleitung wird mit 15.000 Volt Wechselspannung gespeist, die Ströme von 2000 Ampere und Geschwindigkeiten von 250 km/h schnellen Zügen aushalten muss.[3]

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Versuchsfahrten im Lötschberg-Basistunnel

Vor der offiziellen Inbetriebnahme nach Fahrplan musste ein weitreichendes Testprogramm durchlaufen werden. Am 1. Juni 2006 begannen die Versuchsfahrten, um die technischen Einrichtungen sowie das Zugsicherungssystem zu prüfen. Dabei erreichte der ICE-S am 16. Dezember 2006 bei Zulassungsfahrten im Tunnel eine Geschwindigkeit von 281 km/h. Der Rekord wurde nach nur knapp 11 Monaten von einem verkürzten Serien-ICE-1 bei ETCS-Abnahmefahrten mit 288 km/h getoppt.[4]

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Anforderungen an die Züge

Hochgeschwindigkeitszüge müssen mit dem europäischen Zugsicherungssystem ETCS Level 2 und dem GMS-R Zugfunk ausgestattet sein, um den Lötschberg-Basistunnel nutzen zu können. Pünklichkeit ist ein weiteres Kriterium, denn der lange eingleisige Abschnitt erfordert, dass mehrere Züge nacheinander in derselben Richtung den Tunnel befahren. Jedem Zug steht daher nur ein begrenztes Zeitfenster zur Verfügung; wird es verpasst, muss er entweder über die alte Bergstrecke gelenkt werden, oder auf den nächsten freien „Slot“ warten.[3]

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Das Lötschberg-Basistunnel Sicherheitskonzept

In Ferden befindet sich die Nothaltestelle für beide Röhren, die mit einem Fluchtstollen verbunden sind. Hierüber kann auch die Frischluftzufuhr und Rauchabsaugung erfolgen. Darüber hinaus gibt es zwei weitere Lüftungszentralen. Über die Diensthaltestelle in Mitholz können auch Passagiere evakuiert werden. Alle technischen Gerätschaften, die im Tunnel Verwendung finden, müssen mit Klimaanlage gekühlt werden, denn es können Temperaturen zwischen 30 und 45 Grad entstehen. Im Normalfall sorgt aber der Sogeffekt der hinein- und herausfahrenden Züge für genügend kühle Frischluft. Aus dem Berg dringendes, sauberes Wasser wird mit zur Kühlung der Geräte genutzt. Schmutzwasser wird in Rückhalteanlagen gelenkt, wird auf Schadstoffe analysiert und kann bei Bedarf weiterverwendet werden.[3]

Von der Leitstelle Spiez aus wird der Tunnel mit 100 installierten Kameras videoüberwacht. Von hier ist außerdem das Öffnen der 173 Schiebetüren für die Querverbindungen, Notausstiegen und Fluchtstollen möglich. Natürlich wurden auch Brand-, Gas- und Überschwemmungssensoren installiert sowie ein leistungsfähiges Entwässerungssystem. Im Interventionszentrum in Frutigen steht ein stets betriebsbereiter Spezialzug für Lösch- und Rettungseinsätze. Innerhalb von 45 Minuten kann er jeden Punkt der Tunnelstrecke erreichen.[3]

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Der Lötschberg-Basistunnel im Betrieb

Vom 9. Dezember 2007 bis Anfang März 2011 nutzten bereits 100.000 Züge den neuen Tunnel. Dank der geringen Steigungen ist die Durchfahrt von 3250 Tonnen schweren und bis zu 750 Meter langen Güterzügen möglich. Die Fahrleitungshöhe von 5,85 Metern erlaubt zudem den Transport von sämtlichen Gütern, darin eingeschlossen Container, Sattelauflieger und Autos auf doppelstöckigen Wagen. Für Güterzüge gilt eine Befahrungsgeschwindigkeit von 100 km/h. Der Personenverkehr besteht aus 250 km/h schnellen Hochgeschwindigkeitszügen vom Typ ETR 610 mit Neigetechnik (ohne Neigetechnik sind nur 230 km/h möglich) sowie Intercity- und Eurocity-Zügen, die 200 Stundenkilometer erreichen.[3] Anzumerken ist, dass der Tunnel zurzeit nur mit 200 km/h befahren wird.[4]

Gotthard-Basistunnel und Lötschberg-Basistunnel

Der Aufwand von 22 Millionen Schweizer Franken pro Jahr für Betrieb und Unterhalt muss sich natürlich rechnen.[3] Laut einer Studie habe das Fahrgastaufkommen zwischen 2007 und 2011 erfreulicherweise um 75 Prozent zugenommen.[6] Besonders die Reise ins Wallis verkürzte sich um eine ganze Stunde.[7] Zwischen 2007 und 2009 wurden auch die betagten Cisalpino-Züge der Baureihe ETR 470 durch den Lötschberg-Basistunnel geleitet, was allerdings zu einer Fahrzeitverlängerung um 43 Minuten zwischen Genf und Mailand führte.[4][7]

Eine deutliche Kapazitätssteigerung wird erst durch einen komplett zweigleisigen Betrieb möglich sein. Doch für die Fertigstellung des Lötschberg-Basistunnels (vollständiger Doppelspur-Ausbau, Westanschluss, Autoverlad im Basistunnel) sind noch etwas mehr als 1,34 Milliarde Schweizer Franken erforderlich[8] und würde bis frühestens 2030 dauern[9]. Die bisherige Ausbaustufe kostete 4,3 Millionen Schweizer Franken.

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Quellenangaben

  1. „NEAT Lötschberg – Bauwerk, Betrieb & Verkehrsangebot“, Website der BLS AG, abgerufen am 27.04.2016.
  2. „NEAT Trailer“, ehem. Video auf Youtube, abgerufen am 27.04.2016.
  3. „NEAT Lötschberg – Bauwerk, Betrieb & Verkehrsangebot“, ehem. PDF auf der Website der BLS AG, Juli 2011.
  4. „Lötschberg-Basistunnel“, Wikipedia, abgerufen am 27.04.2016.
  5. „Lötschberg-Basistunnels“, Website Kanton Wallis, abgerufen am 27.04.2016.
  6. „Neuer Lötschberg-Tunnel kostet mehr, als er nützt“, Berner Zeitung Online, 22.09.2012.
  7. „Der Lötschberg-Basistunnel ist offiziell in Betrieb“, SWI swissinfo.ch, 09.12.2007.
  8. „Lötschberg-Basistunnel: Jetzt wird der Ausbau geplant“, BZ Berner Oberländer, 30.01.2016.
  9. „BLS forciert Ausbau des Lötschbergs“, Der Bund, 18.08.2015.