Pendolino Britannico Baureihe 390 Neigetechnik-Hochgeschwindigkeitzug

Pendolino Britannico Baureihe 390 in Liverpool – 09.04.2006 © Chris McKenna
Pendolino Serie 390 Endwagen 2. Klasse – 13.12.2003 © P.L.Guillemin
Pendolino-Britannico Serie 390 Führerstand –  © scotlandone.com

Die Geschichte des Pendolino Britannico begann mit der Privatisierung der British Rail im Jahre 1994. Als eine der neuen 25 Personenverkehrsgesellschaften wurde Virgin unter anderem für den Zugbetrieb auf der West Coast Main Line ausgewählt. Ihre Fahrzeuge verkehren heutzutage auf etwa einem Fünftel des zirka 16.000 Streckenkilometer großen britischen Schienennetzes. Virgin ist übrigens Teil der Virgin-Gruppe, der auch Fluglinien, Kinos und Audio-Kaufhäuser angehören.

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Entwicklung des Pendolino für Großbritannien

1997 entschloss sich die Betreibergesellschaft, neues Rollmaterial zu beschaffen, um die in die Jahre gekommenen Züge zu ersetzen. Mit einem Auftragsvolumen von 950 Millionen Euro hatte Virgin bei Alstom/FIAT 53 Züge mit der Bezeichnung „Pendolino Britannico“ und der Baureihennummer 390 für die West Coast Main Line geordert.

Am 9. Juli 2001 konnten Gäste und Medienvertreter die Vorserienzüge 01 und 02 besichtigen, die für das Zulassungsverfahren gebaut wurden. Die Wagenkästen kamen aus Turin und wurden von Alstom gefertigt. Die Endmontage fand bei Birmingham statt. Jeden Monat erblickten von November 2001 bis November 2002 vier Serienzüge das Licht der Welt. Alle 53 Garnituren sollten bis November 2003 fertig gestellt sein. Für die Zulassungsfahrten stand in erster Linie die nachträglich elektrifizierte Old-Dalby-Teststrecke zur Verfügung. Jeder Zug kostete 17,9 Millionen Euro, für den Unterhalt veranschlagte man weitere 960 Millionen Euro. Hauptlieferant Alstom beschäftigte zu dieser Zeit für Virgin insgesamt 780 Mitarbeiter.

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Einsatz des Pendolino Britannico

Der kommerzielle Betrieb mit den ersten Garnituren begann am 23. Juli 2002 zwischen London Euston und Manchester Piccadilly. Sukzessive rollten die neuen Neigezüge nach Liverpool, Birmingham, Wolverhampton und Preston. Ein wichtiges Jahr war auch 2004, als Glasgow an das Pendolino-Netz angeschlossen wurde.

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Wichtige Hauptstrecken in England, Schottland und Wales

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Probleme mit den Pendolino-Neigezügen in Großbritannien

Die neuen Züge sorgten teilweise für den Unmut von Reisenden. Stinkende Toiletten, schmalere und niedrigere Wagen wegen der Neigetechnik, wenige und kleine Fenster, die den Fahrgastraum recht dunkel halten und wenig Gepäckablagemöglichkeiten sind die Hauptkritikpunkte der Fahrgäste gewesen. Die Betreibergesellschaft Virgin Trains bemängelte das hohe Gewicht der Züge, wodurch sich der Instandhaltungsaufwand der Strecke erhöhte. Im Herbst 2004 hatten zwei Züge zufolge von Softwarefehlern Probleme mit dem Abbremsen des Zuges im Bahnhof Liverpool Lime Street und prallten auf den Prellbock. Bis die Software aktualisiert war, durften die Pendolini nur mit 177 km/h verkehren.

Zu einer Entgleisung kam es am 23. Februar 2007 auf der Fahrt von London nach Glasgow nahe der Ortschaft Crayrigg in der Grafschaft Cumbria. Als Unfallursache wurde eine defekte Weiche angegeben. Die Weichenzunge war nicht in einer korrekten Endlage und hob die Räder des 153 km/h schnellen Zuges aus den Schienen. Von den neun Wagen stürzten sechs den Bahndamm hinunter. Eine Frau verlor ihr Leben, fünf Personen erlitten schwere Verletzungen. Zahlreiche Leichtverletzte konnten vor Ort versorgt werden. Die Strecke blieb für Reparaturarbeiten bis zum 12. März gesperrt.

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Technik des Pendolino Britannico

Die Pendolini sind die eigentlichen Nachfolger des Advanced Passenger Train. Tatsächlich wurden viele Features, die im APT steckten, an FIAT verkauft und in nachfolgenden Neigezügen übernommen. Im Gegensatz zum hydraulischen Neigesystem anderer Pendolini entschied man sich für eine elektromechanische Neigevorrichtung, die in Zusammenarbeit von FIAT und einem deutschen Unternehmen entstand. Die Drehgestelle ähneln denen des ICN, benötigen jedoch keinen Navigator.

Nicht nur die Züge für die Westküstenstrecke sind neu, sondern auch das Zugkontrollsystem mit dem Kürzel TCS. Bis 201 km/h Geschwindigkeit wird der Zug mit herkömmlichen Außensignalen beeinflusst (also auf Sicht; entspricht Level 1). Level 2 soll mit GSM-R-Funkdatenübertragung die Fahrgeschwindigkeit von 225 km/h erlauben. Das Signalsystem ist jedoch immer noch nicht einsatzreif, weswegen die Pendolini zurzeit auf 200 km/h gedrosselt rollen.

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Zukunftsaussichten der Pendolino-Baureihe 390

Um die Kapazitäten zu erhöhen, soll die Anzahl der Wagen pro Zug mindestens auf 10 erhöht werden. Im Gespräch sind auch 11-Wagen-Einheiten, damit einher müssten jedoch die Plattformen einiger Bahnhöfe verlängert werden.

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Technische Daten:
Zug- / Baureihenbezeichnung:Pendolino Britannico (Baureihe 390)
Einsatzland:England
Hersteller:Fiat Ferroviaria / Alstom
Herstellungskosten pro Zug:17,9 Mio. Euro
Anzahl der Züge:53 Züge
Zugtyp:Triebwagenzug
Anzahl der Endwagen:2 Endwagen
Anzahl der Mittelwagen:7 Mittelwagen
Anzahl der Sitzplätze 1. / 2. Klasse / Restaurant:145 / 294 / --- (439 insg.)
Baujahre:1999–2003
Spurweite:1435 mm
Stromsystem(e):25 kV / 50 Hz
Zugleitsystem(e):AGATE, TCS
Technisch zugelassene Höchstgeschwindigkeit:225 km/h
Höchstgeschwindigkeit im Plandienst:200 km/h
Antriebsleistung des Zuges:5.100 kW
Anfahrzugkraft:204 kN
Bremssystem(e):Scheibenbremse
Widerstandsbremse
Rekuperationsbremse
Jakobsdrehgestelle:Nein
Neigetechnik:Ja
Zug fährt auch in Traktion:Nein
Anzahl der Achsen / davon angetrieben:36 / 24
Federung:Luftfederung
Länge / Breite / Höhe der Endwagen:23.000 / 2900 / 2730 mm
Länge / Breite / Höhe der Mittelwagen:24.100 / 2900 / 2730 mm
Achslast (maximal):14.7 t
Leergewicht:466 t
Zuglänge:217 m

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