Class 91 (Electra) Schnellfahrlokomotive in Großbritannien

Ellok Class 91 als InterCity 225 in Peterborough. – 1992 © Wikipedia-Autor Ben Brooksbank
Class 93 Super Electra, aufgenommen im Midland Railway Centre – 28.12.2013 © Jim - IC225 - Midland Railway Centre

Class 91 „Electra“ im Überblick

Zwischen 1988 und 1991 wurden 31 Hochgeschwindigkeitszüge für die East Coast Main Line beschafft. Ein Zugverbund bestand aus einer 240 km/h schnellen Ellok der Reihe 91, acht für 225 km/h geeigneten Mittel- und einem Steuerwagen. Aufgrund ihrer asymmetrischen Form war die Schnellfahrlokomotive sowohl für die Bildung von bündigen Hochgeschwindigkeitszügen geeignet als auch in Nachtschichten flexibel einsetzbar. Ende 2021 wurden die letzten 10 Einheiten außer Dienst gestellt.

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Wie es zur Class 91 kam

1984 beschloss die British Rail, die East Coast Main Line zu elektrifizieren, um den Nachteilen des High Speed Trains zu entgehen – hohe Treibstoffkosten und aufwendige, teure Fahrzeuginstandhaltung. Wirtschaftlichkeitsprognosen zufolge sollten sich die Installationskosten einer Oberleitung mittelfristig amortisieren. 1989 war der Abschnitt London – Leeds elektrifiziert; 1991 auch die Verbindung Leeds – Edinburgh.

British Rail wollte keine unausgereiften und technisch hochgezüchteten Triebzüge à la APT herstellen lassen. Stattdessen sollten Züge, bestehend aus einer Schnellfahrlokomotive, antriebslosen Mittelwagen und einem nicht motorisierten Endwagen, beschafft werden. Insgesamt 31 Elloks der Baureihe 91 (Class 91) wurden zwischen 1988 und 1991 von British Rail Engineering Limited, GEC und Metro Cammell hergestellt. Immerhin flossen die Erfahrungswerte, die zuvor mit dem Advanced Passenger Train gewonnen werden konnten, in das Design und die Technik der Class 91 mit ein. Während der Entwicklungsphase der Schnellfahrlokomotiven bekamen sie den Beinamen „Electra“, um den Unterschied zu den High Speed Trains herauszustellen und Werbung für die Elektrifizierung der East Coast Main Line zu machen. Eine weitere Bezeichnung für die Züge war InterCity 225, wobei die 225 für 225 km/h stand, also ihrer technisch zugelassenen Höchstgeschwindigkeit.

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Die Besonderheiten der Class 91

In mancherlei Hinsicht war die British Rail Class 91 etwas Besonderes. Die eine Front war aerodynamisch geformt, die andere Stirnseite vertikal gerade gezogen. Hinter dem asymmetrischen Aufbau der Lokomotive steckte die Idee, mit ihr tagsüber bündig geschlossene Hochgeschwindigkeitszüge zu bilden, sie nachts aber auch universell einsetzen zu können. Eine kostengünstige und gleisschonende Motorenanordnung und -aufhängung sollte den Oberbau schonen. Unter der Oberleitungsspannung von 25 kV 50 Hz erreichte die Electra eine Antriebs-Dauerleistung von 4530 kW. Die Lok brachte 80 Tonnen auf die Waage. Interessanterweise wurden die Mittelwagen so designt, dass sie im Nachhinein mit Neigetechnik hätten ausgestattet werden können. Der maximale Neigewinkel wäre bei 6 Grad gelegen. Doch diese Option wurde nie in Anspruch genommen. Im Steuerwagen mit Führerstand, der die Frontform der Ellok bekam, fanden keine Fahrgäste Platz, sondern er war für die Gepäckbeförderung vorgesehen. Ein kompletter Zug, bestehend aus der Baureihe 91, acht Mittelwagen und einem Steuerwagen, war 225 Meter lang und wog 456 Tonnen. 92 Sitzplätze waren in der ersten Klasse installiert. 388 Fahrgäste fanden in der zweiten Klasse Platz.

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InterCity 225 im Plandienst

Der Startschuss fiel am 20.09.1989, als die ersten Garnituren den Betrieb zwischen London und Leeds aufnahmen. Ab Herbst 1991 wurde das Einsatzgebiet über Leeds hinaus nach Birmingham erweitert. Für die 633 Kilometer lange Relation benötigte der InterCity 225 knapp vier Stunden. Die weggefallenen IC-125-Garnituren wurden zur Verstärkung auf der Great Western Main Line von London nach Bristol genutzt. 1991 war bereits von einer Nachfolge-Generation die Rede. Im Rahmen des Intercity-Programms sollten neue Hochgeschwindigkeitszüge – sogenannte „Super-Electras“ – für die West Coast Main Line beschafft werden. Bis zu 45 Garnituren eines InterCity 250 waren damals angedacht. Doch die Baureihe 93 (Class 93) kam nie über das Designstadium hinaus. 2020 nahm die Anzahl der aktiven InterCity-225-Garnituren ab, da sie von Hochgeschwindigkeitszügen der Class-800-Familie abgelöst wurden. Bis Ende 2021 verblieben noch 10 Einheiten im Dienste des Betreibers „London North Eastern Railway“. Somit müssten zum Stand Herbst 2022 alle 31 Züge ausgemustert sein.

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Wichtige Hauptstrecken in England, Schottland und Wales


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Technische Daten:
Zug- / Baureihenbezeichnung:Class 91 Electra
(Intercity 225)
Einsatzland:Großbritannien
Hersteller:BREL, GEC-Alsthom, Metro Cammell
Anzahl der Züge:31 Züge
Anzahl der Züge im Detail:31 Schnellfahrlokomotiven
Zugtyp:Triebzug
Anzahl der Triebköpfe:1 Triebkopf
Anzahl der Endwagen:1 Endwagen
Anzahl der Mittelwagen:8 Mittelwagen
Anzahl der Sitzplätze 1. / 2. Klasse / Restaurant:92 / 388 / --- (480 insg.)
Baujahre:1988–1991
Spurweite:1435 mm
Höchstgeschwindigkeit bei Versuchsfahrten:260 km/h
am 17.12.1989 auf der Strecke Versuchsfahrt über Stoke Bank
Technisch zugelassene Höchstgeschwindigkeit:225 km/h
Höchstgeschwindigkeit im Plandienst:201 km/h
Antriebsleistung des Zuges:4.830 kW
Jakobsdrehgestelle:Nein
Neigetechnik:Nein
Zug fährt auch in Traktion:Nein
Anzahl der Achsen / davon angetrieben:4 / 4
Achsformel:Bo'Bo'+2'2'+2'2'+2'2'+2'2'+ 2'2'+2'2'+2'2'+2'2'+2'2'
Achslast (maximal):17 t
Leergewicht:456 t
Zuglänge:225 m

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Quellenangaben

Dieser Artikel stützt sich auf folgende Quellen:

  1. Horst J. Obermayer: „Internationaler Schnellverkehr – Superzüge in Europa und Japan“, Franck-Kosmos Verlags-GmbH + Co., Stuttgart, 1994, S. 152–154.
  2. Murray Hughes: „Die Hochgeschwindigkeitsstory – Eisenbahnen auf Rekordfahrten“, Alba Publikation AIF Teloeken GmbH + Co. KG, Düsseldorf, 1994, S. 158–162.
  3. „West Coast Main Line mit Tempo 250“, Eisenbahn Magazin, 6/91, S. 11.
  4. „18 currently and we are keeping 10 till the end of 2021“, Twitter-Nachricht von London North Eastern Railway, 05.02.2020.