TGV Euroduplex von Alstom für Frankreich, Deutschland, Spanien, u. a.

TGV Euroduplex in Frankfurt (Main) Hbf. – 04.07.2012 © André Werske
TGV Euroduplex in Frankfurt (Main) Hbf. – 04.07.2012 © André Werske
TGV Euroduplex in Frankfurt (Main) Hbf. – 04.07.2012 © André Werske

TGV Euroduplex in der Übersicht

Bei den 320 km/h schnellen TGV-Euroduplex-Hochgeschwindigkeitszügen handelt es sich um 10-teilige Doppelstock-Garnituren mit zwei Triebköpfen und acht antriebslosen Mittelwagen. Insgesamt 134 Züge wurden seit 2007 vom französischen Bahnhersteller Alstom hergestellt. Sie sind für internationale Einsätze ausgerüstet und verbinden Frankreich mit dem benachbarten Ausland (Luxemburg, Deutschland, Schweiz). 14 Einheiten sind darüber hinaus für den Betrieb in Spanien geeignet und kommen dort unter dem Markennamen Ouigo zum Einsatz. Auch die Doppelstock-TGVs in Marokko zählen zu den Euroduplex-Zügen.

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Internationale TGV-Verbindungen vor dem TGV Euroduplex

Internationale TGV-Verbindungen gibt es bereits seit den Achtzigerjahren. Einige der orangen TGV-PSE-Züge wurden als Dreisystemfahrzeuge hergestellt, um auch auf Hauptstrecken in der Schweiz wichtige Destinationen zu erreichen.[1] In den Neunzigern konnte mit Dreisystem-TGV-Réseau-Hochgeschwindigkeitszügen Bruxelles (Brüssel) bedient werden – als Thalys PBA wurden weitere Städte in Belgien und in den Niederlanden ans TGV-Netz angeschlossen.[2] Ab 1997 kamen mit dem Thalys PBKA umsteigefreie Verbindungen von Frankreich via Belgien nach Deutschland hinzu.[3] Ein weiterer Meilenstein war die Aufnahme des TGV-Verkehrs zwischen Paris und Süddeutschland im Jahr 2007 mit sogenannten TGV-Est bzw. TGV-POS-Garnituren.[4] Allerdings handelt es sich bei all diesen TGV-Baureihen um einstöckige Hochgeschwindigkeitszüge. Um die Kapazität auf beliebten Routen zu erhöhen, verbindet man zwei 200 Meter lange Einheiten miteinander. Eine weitere Kapazitätserhöhung war mit diesem Zugkonzept allerdings nicht mehr möglich.

Die Schnellfahrstrecke Paris – Lyon kam bereits Ende der Achtzigerjahre an ihre Kapazitätsgrenze. Mit der anvisierten Eröffnung weiterer Schnellfahrstrecken über Lyon hinaus ans Mittelmeer sah sich die SNCF gezwungen, in Zusammenarbeit mit dem Haus- und Hoflieferanten GEC Alsthom (heute: Alstom) einen neuen Hochgeschwindigkeitszug mit hoher Sitzplatzkapazität zu entwerfen. Das Resultat war, die Fahrgäste in zwei Etagen unterzubringen.[5] Der große Erfolg mit den TGV-Duplex-Zügen auf innerfranzösischen Strecken – primär zwischen Paris und Marseille – führte schließlich zu der Entscheidung, künftig internationale TGV-Doppelstockzüge vom Typ TGV-Euroduplex herzustellen.

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TGV Euroduplex: 1. Bestellung 2007: 55 Züge

Beim TGV Euroduplex handelte es sich jahrelang um die zweite Generation von Doppelstock-TGV-Zügen. Sie waren daher auch unter dem Kürzel „TGV 2N2“ bekannt, wobei 2N2 für „Deux Niveaux, deuxième Génération“ stand.[6] Doch spätestens 2011 wurde der TGV Euroduplex als 3. TGV-Duplex-Generation deklariert; als zweite betrachtete man die sogenannten TGV Duplex DASYE.[7]

TGV Euroduplex in Frankfurt am Main; © 04.07.2012, André Werske
TGV Euroduplex in Frankfurt am Main; © 04.07.2012, André Werske

2007 ging jedenfalls die erste Bestellung von 55 Euroduplex-Garnituren ein. Eine Komposition besteht aus zwei Triebköpfen der Bauart „TGV POS“ und acht Mittelwagen mit zwei Etagen, die im Vergleich zur ersten TGV-Duplex-Generation komfortabler und technisch moderner ausgestattet sind. Insgesamt 509 Sitzplätze stehen zur Verfügung. Es wurde bei der Konzeption viel Wert auf Behindertentauglichkeit gelegt. Breitere Gänge erlauben ein zügigeres Durchkommen der Fahrgäste. 30 der 55 Züge sind für den Verkehr in Frankreich, Luxemburg, Deutschland und der Schweiz bestimmt. Sie sind für drei verschiedene Stromsysteme ausgelegt. Außerdem verfügen sie über alle Einrichtungen, um mit den länderspezifischen Zugleitsystemen zurechtzukommen. Die übrigen 25 TGV Euroduplex sind zwar ebenfalls Dreisystemfahrzeuge, aber auf die Zugsicherungssysteme für Deutschland und die Schweiz wurde vorerst verzichtet; sie sind jedoch nachrüstbar.[8]

TGV Euroduplex Frankfurt – Marseille; © 04.07.2012, André Werske
TGV Euroduplex Frankfurt – Marseille; © 04.07.2012, André Werske

Ab 2011 erfolgte die Auslieferung der Fahrzeuge. Erste Einsatzgebiete waren die Schnellfahrstrecken LGV Rhin-Rhône (u. a. Paris – Zürich – Marseille)[9] sowie die LGV Est von Paris durch Ostfrankreich nach Süddeutschland, genauer gesagt teilweise über Stuttgart hinaus nach Ulm, Augsburg und München.[10] Auf der LGV Est verstärkten die TGV Euroduplex die Leistungen der TGV POS. 2012 kam die Verbindung Marseille – Frankfurt hinzu.[9] [11] Die Auslieferung an die SNCF dauerte bis Oktober 2015.[12] Die Zugnummern sind: 30 Dreisystemzüge (UA): 4701-4730, 10 Dreisystemzüge für Spanien (3 UH): 801-810) und 15 Dreisystemzüge für Einsätze innerhalb Frankreichs (3 UF): 811-825.[13]

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TGV Euroduplex: 2. Bestellung 2013: 40 Züge (Nr. 851-890)[16]

Im April 2012 war zu lesen, dass die SNCF bei Alstom eine Option für weitere TGV Euroduplex einlösen möchte. Statt der ursprünglich veranschlagten 30 Garnituren im Wert von 800 Millionen Euro sollten es nunmehr 40 Einheiten werden. Auslieferung war für 2015 vorgesehen. Jeder dieser Hochgeschwindigkeitszüge sollte in Frankreich, in der Schweiz, in Deutschland und Luxemburg verkehren können. Ein Teil der Flotte wurde so konstruiert, dass auch Einsätze in Spanien möglich wären.[14] Die offizielle Bestellung ging bei Alstom aber offenbar erst 2013 [12] (September 2013[15]) ein. Die Auslieferung erfolgte zwischen 2016 und 2019.[12]

In der Fachliteratur wird später angegeben, dass die 40 Züge nur im innerfranzösischen Streckennetz zum Einsatz kommen und zum Teil die betagten TGV PSE ersetzen. Auch angesichts weitere Schnellfahrstrecken-Eröffnungen in den folgenden Jahren waren die 40 TGV Euroduplex notwendig.[16] Außerdem sollen diese Zweisystemfahrzeuge sein und unter dem Namen „TGV 2N2 Euroduplex Atlantique“ laufen.[17] Weiterhin heißt es, dass die 40 Züge 1,2 Milliarden Euro teuer waren und unter dem Produktnamen „TGV Océane“ zwischen Paris und dem Südwesten Frankreichs rollen.[18] Seit Mai 2021 sind 14 Euroduplex unter dem Branding „Ouigo“ zwischen Barcelona und Madrid im Einsatz.[19] Zieht man alle Quellenangaben in Betracht, handelt es sich dabei sehr wahrscheinlich um Züge aus der 1. Bestellung. [13]

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TGV Euroduplex: 3. Bestellung 2017: 15 Züge

Für 400 Millionen Euro beauftragte SNCF Mobilités den TGV-Hersteller Alstom, weitere 15 Euroduplex-Züge herzustellen. Sie sind als TGV Océane für die Relation Paris – Bordeaux vorgesehen. Die Auslieferung erfolgte 2019 und 2020. Das Geschwindigkeits-Überwachungssystem und das Zugsicherungssystem ERTMS sind bei den 15 Hochgeschwindigkeitszügen auf dem neuesten Stand gebracht worden. Auch für die Fahrgäste kamen kleine Verbesserungen wie ein besserer Internet-Empfang und USB-Ladeanschlüsse hinzu. 556 Sitzplätze bietet eine 10-teilige Garnitur mit 2 Triebköpfen und 8 Doppelstock-Mittelwagen.[20] Die 40 Züge der zweiten Bestellung plus die 15 Züge der 3. Bestellung sind mit Stand 2017 für den Verkehr auf den Achsen Paris – Bordeaux und Paris – Bretagne vorgesehen. Die Neubeschaffung von Euroduplex-Zügen sorgte dafür, dass die 24 älteren TGV-Atlantique-Garnituren doch nicht mehr renoviert werden müssen.[21]

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TGV Euroduplex: 4. Bestellung 2019: 12 Züge

Abermals kam es seitens der SNCF zu einer Nachbestellung von Avelia-Euroduplex-Hochgeschwindigkeitszügen. Sie entsprechen weitestgehend denen der 55 bisherigen TGV-Océane-Garnituren, verfügen aber über besseres Wi-Fi und Fahrgastinformationssystem. Die Auslieferung erfolgte 2021 und 2022. Mit dieser Bestellung wurde auch die Zeit bis zur Herstellung der neuen Generation TGV M überbrückt.[22]

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Zusammenfassung

Insgesamt 122 TGV Euroduplex wurden für Verkehre in Europa hergestellt. Zählt man die TGV Euroduplex für Marokko dazu, sind es 134 Doppelstock-TGV-Züge der dritten Generation. Alle bisher abgelieferten Garnituren sind erfolgreich im Einsatz. Man darf gespannt sein, ob sich die künftigen TGV M ebenso gut bewähren werden.

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TGV Euroduplex Bestellübersicht

ZügeBestellungAuslieferungEinsatz
3006/20072011-2015 Frankreich, tw. Luxemburg, Deutschland, Schweiz, Spanien
2506/20072011-2015 Frankreich, Luxemburg
4009/20132016-2019 Frankreich
1503/20172019-2020 Frankreich
1207/20192021-2022 Frankreich
1212/20102015-2018 Marokko
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TGV Streckennetz in der Übersicht


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Interne Links zum TGV Euroduplex

Technische Daten:
Zug- / Baureihenbezeichnung:TGV Euroduplex (TGV 2N2): TGV Duplex der dritten Generation
Einsatzland:Frankreich, tw. Luxemburg, Deutschland, Schweiz, Spanien.
Hersteller:Alstom
Herstellungskosten pro Zug:33,3 Mio. Euro
Anzahl der Züge:122 Züge
Anzahl der Züge im Detail:+ 12 Euroduplex-Züge für Marokko
Zugtyp:Triebzug
Anzahl der Triebköpfe:2 Triebköpfe
Anzahl der Mittelwagen:8 Mittelwagen
Anzahl der Sitzplätze 1. / 2. Klasse / Restaurant:181 / 328 / --- (509 insg.)
Sitzplätze im Detail:Ab 2. Bestellung: 556 Sitzplätze.
Baujahre:2007–2022
Inbetriebnahme:11.12.2011
Spurweite:1435 mm
Stromsystem(e):25 kV 50 Hz
15 kV 16,7 Hz
1,5 kV DC
Zugleitsystem(e):ETRMS, KVB, TVM 430, ASFA, LZB, PZB, ZUB, INTEGRA.
Höchstgeschwindigkeit im Plandienst:320 km/h
Motoren:8 Asynchronmotoren
Antriebsleistung des Zuges:9.400 kW
Leistungsangaben im Detail:25 kV: 9400 kW
15 kV: 6800 kW
1,5 kV: 3680 kW
Jakobsdrehgestelle:Ja
Neigetechnik:Nein
Zug fährt auch in Traktion:Ja
Anzahl der Achsen / davon angetrieben:26 / 8
Achsformel:Bo'Bo'+2'2'2'2'2'2'2'2'2'+Bo'Bo'
Federung:Luftfederung
Zuglänge:200 m

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Quellenangaben

  1. „Les TGV Sud-Est – 30 ans après … (1re partie)”, Rail Passion No 189, juillet 2013, S. 57.
  2. Brian Perren: „Der TGV – mit hoher Geschwindigkeit zum Erfolg“, Minirex-Verlag, 2003, S. 50–51.
  3. Olivier Constant: „Le TGV“, Le Train Spécial 23-3/2000, Tome 2, S. 36.
  4. „Neue TGV-Strecke: Schneller in die Stadt der Liebe“, Focus Online, 16.03.2007.
  5. Horst J. Obermayer: Internationaler Schnellverkehr – Superzüge in Europa und Japan, Franck-Kosmos Verlags-GmbH + Co., Stuttgart, 1994, S. 115–116.
  6. Klaus-Ulrich Rötz: „Technische Kurzbeschreibung des französischen Doppelstock-Triebzuges RGV 2N2“, GDL Magazin VORAUS, April–August 2011, Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Frankfurt/Main, August 2012.
  7. Broschüre von Alstom über den TGV Avelia Duplex.
  8. „SNCF bestellt bis zu 120 TGV“, Eisenbahn-Revue International, 8–9/2007, S. 394.
  9. „EURODUPLEX“, Flyer von Alstom, 04/2012.
  10. „Künftig doppelstöckige TGV bis München“, Der Mobilitätsmanager, 03.11.2010.
  11. „Euroduplex inaugurates the Rhin-Rhône LGV high-speed rail line“, Alstom Press Release, 12.12.2011.
  12. „Case study SNCF: Euroduplex – Avelia range“, Flyer von Alstom, 08/2016.
  13. „Duplex – le TGV roi“, Rail Passion no. 203, Septembre 2014, S. 27.
  14. „SNCF orders 40 Euroduplex sets“, Railway Gazette, 03.04.2012.
  15. „Alstom will supply 15 Euroduplex Océane train sets to SNCF for the South Europe Atlantic high-speed line“, Alstom Press Centre, 10.03.2017.
  16. „Duplex – le TGV roi“, Rail Passion no. 203, Septembre 2014, S. 35.
  17. „Euroduplex Atlantique sets to serve Bordeaux“, Railway Gazette, 12.04.2016.
  18. „SNCF unveils ‘haute couture’ TGV Océane trainset“, Railway Gazette, 14.09.2016.
  19. „SNCF launches Ouigo high speed services in Spain“, Railway Gazette, 10.05.2021.
  20. „Alstom wins €400m deal to provide Euroduplex Océane trains for SNCF Mobilités“, Railway Technology, 14.03.2017.
  21. „Fragwürdiger TGV-Auftrag unter Dach und Dach“, Eisenbahn Revue International, 4/2017, S. 187.
  22. „Ridership surge prompts SNCF to order more TGVs“, Rail Business UK, 31.07.2019.