Schnellfahrstrecken in China – Passenger Dedicated Lines (PDL)

Für den Bau der insgesamt 426 Kilometer langen Neubaustrecken Würzburg – Hannover und Stuttgart – Mannheim gingen geschlagene 17 Jahre ins Land.[1] In China dagegen wurden im gleichen Zeitraum mehr als 20.000 Kilometer an Schnellfahrstrecken aus dem Boden gestampft![2] Und im Ende 2023 war zu lesen, dass das chinesische Schnellfahrstreckennetz inzwischen auf sage und schreibe 45.000 Kilometer expandiert ist.[10]

Der Startschuss zum Bau eines landesweiten, chinesischen Hochgeschwindigkeitsnetzes begann im August 1999.[3] Im zweiten Halbjahr 2015 wurde die Marke von 20.000 Streckenkilometern überschritten, auf denen Hochgeschwindigkeitszüge unterwegs waren. Davon entfielen rund 11.000 Kilometer, die für Geschwindigkeiten zwischen 200 und 250 km/h trassiert waren, während auf 9.000 Kilometern Länge mit 300 km/h oder gar 350 km/h gefahren wurde.[2] Bis dahin wurden umgerechnet rund 300 Milliarden US-Dollar in die schnelle Schiene investiert.[4] Im Januar 2018 war das Schnellfahrstreckennetz gar auf eine Länge von 25.000 Kilometer angewachsen. Zu diesem Zeitpunkt ging man davon aus, dass im Jahr 2025 das Hochgeschwindigkeitsnetz 38.000 Kilometer groß sein würde.[5]

Die Leistungen im Bahnbau sind ohnegleichen. Aufwendige Brücken- und Tunnelbauwerke mussten innerhalb kürzester Zeit errichtet werden. Von Null an wurden Zugleitsysteme und Leitzentren installiert. Eine Vielzahl von Bahnhöfen entstanden praktisch aus dem Nichts.[6] Erschwerend kommt hinzu, dass die Trassen verschiedene Klimazonen durchqueren. Im Norden Chinas können die Tiefsttemperaturen -40° C erreichen, während im Süden bis zu +45° C herrschen können – eine Herausforderung für die Infrastruktur und das rollende Material.[7]

Es stellt sich natürlich die Frage, warum China so viel Geld in das Schnellfahrstreckennetz investiert. Zum einen sollen bis 2020 80 Prozent der chinesischen Großstädte mit Hochgeschwindigkeitszügen verbunden sein. Das entspricht einem Schnellfahrstreckennetz von 30.000 Kilometern. Es geht darum, einem möglichen Verkehrskollaps zu entgehen.[8] Außerdem sollen bisher vom Wirtschaftsboom Chinas vernachlässigte Regionen vom Aufschwung profitieren. Der Westen Chinas beispielsweise wird an eine Hochgeschwindigkeitstrasse entlang der neuen Seidenstraße angeschlossen, die sich nie kostendeckend betreiben lassen wird, aber die zum einen wichtig für die Stärkung der inneren Wirtschaft ist, aber auch die Expansionslust Chinas 'gen Europa unterstreicht und damit hohe politische Bedeutung hat.[4][9]

Nachfolgend werden wegen des Umfangs und der Komplexität des Netzes sowie der teilweise dürftigen oder sich widersprechenden Informationen des Quellenmaterials nur die wichtigsten Neubaustrecken in China vorgestellt. Auch sind nicht alle Zwischenbahnhöfe in den Karten eingezeichnet. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

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Schnellfahrstreckennetz in China

Das Kartenmaterial ist leider unvollständig. Es sind nicht alle Bahnhöfe aufgeführt. Ergänzungshinweise und Korrekturen sind erwünscht. Danke.

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Schnellfahrstrecke Shenyang – Qinhuangdao

Länge: 404 km, Designgeschwindigkeit: 250 km/h, Eröffnung: 10/2003

Die Passenger Dedicated Line (PDL) Shenyang – Qinhuangdao wurde zwischen August 1999 und September 2003 gebaut und ging am 12. Oktober 2003 in Betrieb. Sie war die erste Schnellfahrstrecke in China. Zu Beginn fuhren die Züge nur maximal 200 km/h, erst 2007 hob man die Höchstgeschwindigkeit auf 250 Stundenkilometer an. 2002 erzielte der China Star auf dieser PDL eine chinesische Rekordgeschwindigkeit von 321 km/h.

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Transrapid Flughafenzubringer in Shanghai

Länge: 30 km, Designgeschwindigkeit: 500 km/h, Eröffnung: 12/2003

Im Februar 2001 begannen die Bauarbeiten an der 30 Kilometer langen Trasse für den Transrapid in Shanghai. Die für 500 Stundenkilometer ausgelegte Strecke verbindet das in der Nähe liegende Messezentrum Shanghai New International Expo Centre mit dem Flughafen Pudong. Im Dezember 2003 wurde der kommerzielle Betrieb mit maximal 431 km/h aufgenommen. Wegen hoher Energiekosten fahren die Magnetschwebezüge allerdings meisten nur 300 km/h.

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Schnellfahrstrecke Beijing – Tianjin

Länge: 117 km, Designgeschwindigkeit: 350 km/h, Eröffnung: 08/2008

Mit dem Bau des Schlüsselprojektes für das chinesische Hochgeschwindigkeitsnetz begann man im Juli 2005. Die 14,3 Milliarden Yuan teure Trasse ist für 350 km/h schnellen Zugbetrieb ausgelegt. Als Zugleitsystem kam vorerst eine Variante zum Einbau, die sich auf das künftige CTCS Level 3 aufrüsten ließ, was wiederum dem ETCS Level 2 entsprechen soll. Siemens lieferte die komplette Signal- und Leittechnik sowie die Oberleitung und deren Stromversorgung. Am 2. August 2008 nahmen die Züge vom Typ CRH3(C) den Plandienst auf, jeweils 47 Züge pro Richtung und Tag. Zwischen Beijing und Tianjin halten die Züge in Yizhuang und Wuqing. Die Fahrzeit verkürzte sich von 70 auf 30 Minuten. Quellen: „Schnellstrecke Peking – Tianjin“, Eisenbahn-Revue International, Ausgabe 06/2006, S. 300. — „Beijing – Tianjin elevated design anticipates 350 km/h“, Railway Gazette International, News vom 01.03.2006. — „Beijing – Tianjin high speed line opens for business“, Railway Gazette International, News vom 31.07.2008.

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Schnellfahrstrecke Wuhan – Guangzhou

Länge: 968 km, Designgeschwindigkeit: 350 km/h, Eröffnung: 12/2009

Dies ist die zweite Schnellfahrstrecke in China, die für 350 km/h schnellen Personenverkehr ausgelegt ist; 177 Kilometer verlaufen in Tunneln, 468 Kilometer auf Brücken. Gemäß einer anderen Quelle sind es 677 Brücken mit einer Gesamtlänge von 472 Kilometern und 231 Tunnel mit einer Gesamtlänge von 165 Kilometern. Baubeginn der 116 Milliarden Yuan teuren Strecke war Juni 2005. Die schnellsten Zugverbindungen mit Rollmaterial vom Typ CRH2C und CRH3C verkürzen die Reisezeit von ursprünglich zehneinhalb Stunden auf nur noch rund drei Stunden. Quellen: „Wuhan – Guangzhou line opens at 380 km/h“, Railway Gazette International, News vom 04.01.2010. — „China: Mit Hochgeschwindigkeit von Wuhan nach Guangzhou“, Innotrans-2010-Report, Ausgabe Nr. 2, Mai 2010.

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Schnellfahrstrecke Fuzhou – Xiamen

Länge: 275 km, Designgeschwindigkeit: 250 km/h, Eröffnung: 04/2010

Im April 2010 konnte die 275 Kilometer lange und 15,3 Milliarden Yuan teure Rennstrecke von Fuzhou nach Xiamen dem Publikumsverkehr übergeben werden. Züge der Bauart CRH2A verkürzen die Reisezeit von 11 Stunden auf nunmehr 90 Minuten! Quelle: „Fuzhou – Xiamen high speed passenger services begin“, Railway Gazette International, News vom 26.04.2010.

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Schnellfahrstrecke Beijing – Guangzhou

Länge: 2087 km, Designgeschwindigkeit: 350 km/h, Eröffnung: 12/2012

China eröffnete am 26. Dezember 2012 die längste Schnellfahrstrecke der Welt. Sie führt von Beijing in die 2087 Kilometer entfernte Metropole Guangzhou. Mehr als 30 Zwischenbahnhöfe liegen entlang der Trasse. Bis zu 155 Zugpaare verkehren täglich auf der Neubaustrecke mit mehr als 300 Stundenkilometern. Die Reisezeit zwischen Beijing und Guangzhou schrumpfte damit von 20 Stunden auf nur noch 8 Stunden – vorausgesetzt, man nimmt die Züge, die am wenigsten Zwischenhalte einlegen. Genau genommen besteht die längste Hochgeschwindigkeitsstrecke aus mehreren Trassen: Zuerst wurde mit dem Bau der 968 Kilometer langen Sektion Wuhan – Guangzhou im September 2005 begonnen. Diese wurde im Dezember 2009 in Betrieb genommen. Es folgte die 281 Kilometer lange Trasse Beijing – Shijiazhuang mit Baubeginn im Oktober 2008 und Fertigstellung im Dezember 2012. Praktisch zeitgleich wurde der 838 Kilometer umfassende Abschnitt Shijiazhuang – Wuhan konstruiert.

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Schnellfahrstrecke Harbin – Dalian

Länge: 921 km, Designgeschwindigkeit: 350 km/h, Eröffnung: 12/2012

Nach einer Bauzeit von lediglich fünfeinhalb Jahren ging am 1. Dezember 2012 die 921 Kilometer lange Schnellfahrstrecke der Superlative in Betrieb. Sie führt durch Chinas kalten Nordosten, wo im Winter Temperaturen von bis zu -40° C herrschen können und Schneestürme keine Seltenheit sind. Auf Sicherheit soll besonders Wert gelegt worden sein. Unter anderem überwachen Kameras den Fahrweg, da dieser über das Jahr verteilt hohen Temperaturschwankungen unterliegt. 70 Prozent der Strecke verlaufen auf Viadukten, damit Schmelzwasser ungehindert abfließen kann. 20 Prozent der Strecke, dessen Unterbau direkt auf dem Boden verlegt wurde, mussten bereits wegen Verwerfungen ausgewechselt werden. Kein Wunder also, dass die Baukosten mit 92,6 Milliarden Renminbi (umgerechnet zirka 11,2 Milliarden Euro) recht hoch waren.

Zwar sind sowohl die Hochgeschwindigkeitszüge wie auch die Neubaustrecke für 350 Stundenkilometer ausgelegt, aber wegen des extremen Klimas entschied man sich, während der Wintermonate (1. Dezember bis 31. März) mit „nur“ 200 km/h zu fahren. Im Sommerfahrplan (1. April bis 30. November) soll die Höchstgeschwindigkeit bei 300 Stundenkilometern liegen. Pro Tag pendelten anfangs 67 Zugpaare zwischen Harbin und Dalian. Züge, die an keinem der 23 Unterwegsbahnhöfe halten, bewältigen die 921 Kilometer lange Trasse im Sommer in gut 3 Stunden.

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Schnellfahrstrecke Beijing – Shanghai

Länge: 1318 km, Designgeschwindigkeit: 350 km/h, Eröffnung: 12/2012

Dashengguan-Brücke der Schnellfahrstrecke Beijing - Shanghai bei Nanjing. Quelle: Wikipedia-Autor 东京村子, Creative Commons Lizenz 3.0, aufgenommen 2009.
Dashengguan-Brücke: Wikipedia-Autor 东京村子.

Nach einer Rekordbauzeit von lediglich drei Jahren wurde die neue Prestigestrecke für den Personenverkehr freigegeben. Die Reisezeit halbierte sich damit auf weniger als fünf Stunden. Umgerechnet 24 Milliarden Euro soll der Bau der für 380 Stundenkilometer ausgelegten Trasse gekostet haben. Das ist vergleichsweise günstig, denn parallel dazu wurden 24 neue Großbahnhöfe aus dem Boden gestampft. Tausende Menschen mussten (Zwangs-) umgesiedelt werden. Sogar ein Friedhof mit 100.000 Verstorbenen musste weichen! Dass solch ein Großprojekt in nur drei Jahren entsteht, ist dem großen Heer von Arbeitern zu verdanken, die rund um die Uhr an mehreren Stellen der Schnellfahrstrecke gleichzeitig gearbeitet haben. Auf der neuen Strecke rollten die Superzüge wegen Geschwindigkeitsbeschränkungen zu Beginn nur mit 300 km/h dahin. Für Aufsehen hatte eine Rekordfahrt mit einem CRH380AL gesorgt. Der Zug erreichte am 3. Dezember 2010 auf der Strecke Beijing – Shanghai 486,1 km/h.

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Schnellfahrstrecke Ürümqi – Hami – Lanzhou

Länge: 1776 km, Designgeschwindigkeit: 250 km/h, Eröffnung: 11/2014

Im Januar 2010 begannen die Bauarbeiten an einer Neubaustrecke im Westen Chinas. Das erste, 530 Kilometer lange Teilstück zwischen Ürümqi und Hami konnte bereits am 16. November 2014 eröffnet werden. Die Trasse streift die Wüste Gobi, weswegen viele Abschnitte mit Windschutzzäunen gegen Seitenwind versehen sind. Außerdem werden die 530 Streckenkilometer permanent videoüberwacht. Nicht nur Hochgeschwindigkeitszüge vom Typ CRH5A nutzen die Schnellfahrstrecke – für die sie mit drei Zwischenhalten nur 3 Stunden benötigen – sondern alle Personenzüge, die bisher die alte Strecke nutzten. Dadurch kann jene nun ausschließlich für den Frachtverkehr genutzt werden.

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Schnellfahrstrecke Shanghai – Kunming

Länge: 2258 km, Designgeschwindigkeit: 350 km/h, Eröffnung: 12/2016

Qinglong-Brücke zwischen Guiyang und Kunming der Schnellfahrstrecke Shanghai - Kunming. Quelle: Wikipedia-Autor HighestBridges, aufgenommen im September 2015
Qinglong-Brücke: Wikipedia-Autor HighestBridges.

Im Dezember 2016 wurde der letzte Abschnitt der 2258 Kilometer langen Schnellfahrstrecke zwischen Shanghai und Kunming eröffnet. Auf ihr fahren die Hochgeschwindigkeitszüge mit bis zu 350 Stundenkilometern. Sie ist wegen Konstruktionsmängel in die Kritik geraten. Auf einigen Sektionen musste vorübergehend die maximale Geschwindigkeit auf lediglich 70 km/h reduziert werden. Ein berühmtes Bauwerk ist die 295 Meter hohe Qinglong-Brücke zwischen Guiyang und Kunming, die zu den zwanzig höchsten Brücken der Welt zählt. Ihre Länge beträgt 721 Meter.

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Quellenangaben

  1. Horst J. Obermayer: „Internationaler Schnellverkehr – Superzüge in Europa und Japan“, Franck-Kosmos Verlags-GmbH + Co., Stuttgart, 1994, S. 60, 93.
  2. „Celebrate the past, design the future – CRH trains soak up demand“, Railway Gazette International, 07/2015, S. 35.
  3. „China opens first dedicated high-speed line“, International Railway Journal, News vom 01.08.2003.
  4. Dokumentation: „Seidenstraße 2.0 – Chinas Weg zur Weltspitze“, Arte France, Morgane Production, 2017.
  5. „China opens three high-speed lines“, International Railway Journal, News vom 08.01.2018.
  6. „China drückt die Schiene durch“, N-TV Online, News vom 07.04.2011.
  7. „Chinas Größenwahn – Der kälteste Superzug der Welt“, Die Welt Online, Artikel vom 25.11.2012.
  8. Gabriel Knupfer: „Wie China die Herrschaft im Eisenbahnbau übernimmt“, Handelszeitung Online, 03.01.2017.
  9. Andrés Allemand: „Mit Highspeed zur Nr.1 auf Schienen“, Tagesanzeiger Online, 23.02.2015.
  10. „China’s operating high-speed railway hits 45,000 km“, The State Council Information Office, The People’s Republic of China, 09.01.2024.