Hochgeschwindigkeitszüge in Österreich

Gerne wird die Schweiz als das Bahnland tituliert. Doch das benachbarte Österreich steht der Schweiz als „Bahnland“ in kaum etwas nach. Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) zählen mit rund 95 Prozent Pünktlichkeit im Personenverkehr zu den Spitzenreitern unter den Bahnen Europas.[1] 2019 holte sich das östliche Alpenland wiederholt den Titel „Bahnfahrland Nummer 1 in der EU“, denn die Österreicher waren mit 1507 Kilometern pro Kopf und Jahr die fleißigsten Bahnfahrer in der Europäischen Union[2] und sollen damit weltweit sogar an dritter Stelle stehen.[3]

ÖBB Taurus, Baureihe 1116 bei Würzburg-Heidingsfeld. © 24.03.2021 André Werske
ÖBB Taurus, Baureihe 1116 bei Würzburg-Heidingsfeld. © 24.03.2021 André Werske

Der Fuhrpark zählt zu den modernsten der EU: Von 2000 bis 2011 wurden insgesamt 382 Hochleistungslokomotiven vom Typ Taurus (Baureihen 1016, 1116 und 1216) beschafft. Damit „verfüg[t]en die ÖBB über den modernsten Lokomotiven-Pool Europas“.[4] Um im Fernverkehr der großen Nachfrage gerecht zu werden, wurde in bisher 88 Hochgeschwindigkeitszüge der Kategorie „railjet“ investiert. Diese sind für 230 km/h im Regelbetrieb ausgelegt und verbinden nicht nur wichtige Städte in ganz Österreich, sondern verkehren über Österreich hinaus ins benachbarte Ausland. Mit attraktiven Nachtzügen der Marke „Nightjet“ werden weitere Kunden auf internationalen Relationen auf die Schiene gelockt.[5] Seit 1998 gehören ICE-Züge verschiedener Baureihen zum gewohnten Bild in Österreich.[6][7] Mehr Vielfalt soll es ab Ende 2026 geben, wenn die ÖBB eigene Giruno-Superzüge auf der Südbahn einsetzen wird.[8] Italien möchte im gleichen Jahr den Frecciarossa 1000 via Österreich nach Deutschland fahren lassen.[9]

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Doch nicht nur der ÖBB-Fuhrpark ist beeindruckend. In den vergangen Jahrzehnten wurde viel in die Schieneninfrastruktur investiert, um mehr Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern und um wettbewerbsfähiger gegenüber dem Auto zu sein. Im Norden Österreichs entstand die neue Westbahn, die sich aus Ausbau- und Neubaustrecken zusammensetzt und Geschwindigkeiten von bis zu 230 km/h ermöglichen.[10] Mit Stand 2025 sind gleich drei riesige Infrastrukturprojekte am Laufen. Erstens: Zwischen Graz und Klagenfurt entsteht eine 130 Kilometer lange Hochgeschwindigkeitsverbindung mitten durchs Bergmassiv der Koralpe. Die sogenannte Koralmbahn wird ab Ende 2025 eine rasche und sichere Verbindung zwischen der Steiermark und Kärnten sein. Sie ist für Tempo 250 ausgelegt und Teil der neuen Südstrecke in Österreich und eines der bedeutendsten Infrastrukturprojekte Europas. Beeindruckend ist der 33 Kilometer lange Koralmtunnel – der sechstlängste Eisenbahntunnel der Welt.[11] Zweitens: Mit einer Länge von 27,3 Kilometern ist der Semmering-Basistunnel als Tor zum Süden kaum kürzer. Die Bauzeit wird 18 Jahre dauern, was an den herausfordernden geologischen Bedingungen liegt. „Der Semmering-Basistunnel zählt zu den komplexesten Tunnelbauwerken in Europa.“[12] Mit der Fertigstellung wird 2030 gerechnet. Dann können die Züge mit bis zu 230 km/h den Tunnel durchfahren.[13] Drittens: Um vor allem den Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern, entsteht zwischen München und Verona eine neue Hochleistungsstrecke. Herzstück der neuen Brennerachse ist der Brenner Basistunnel vom österreichischen Innsbruck bis nach Franzensfeste in Südtirol. 55 Kilometer werden neu gebaut. Im Brenner Basistunnel wird es einen Abzweig zum bestehenden Inntaltunnel geben, sodass sie mit insgesamt 64 Kilometern die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt bilden.[14] Reisezüge werden den Tunnel mit über 200 km/h durchfahren können.[15]

Wichtige internationale Streckenverbindungen durch Österreich


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Es folgt eine Übersicht über Hochgeschwindigkeitszüge, die bisher in Österreich im Plandienst unterwegs sind bzw. waren, oder zumindest dort Versuchsfahrten unternommen haben, um eine Zulassung für Österreich zu bekommen:


ICE 1 – Deutschland, Österreich, Schweiz

Rekord-Geschwindigkeit: 328 km/h – Baujahr: von 1989 bis 1993
ICE 1 auf dem Gelände des ICE-Betriebswerks in Hamburg-Eidelstedt
Im Juni 1991 gingen die ersten 23 ICE in Betrieb. Nach und nach stockte die Deutsche Bahn ihre ICE-1-Flotte auf 60 Fahrzeuge auf. Die Baureihe 401 verkehrte nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich und in der Schweiz. Am 3. Juni 1998 verunglückte eine Garnitur bei Eschede. Seit ca. 2014 gibt es nur noch 58 ICE-1-Züge. Von Mitte 2005 bis Ende 2008 machte die DB die Züge durch ein umfangreiches Modernisierungsprogramm für die nächsten Jahre fit. Ab 2020 erfolgte ein zweites Redesign für eine Lebensdauerverlängerung der Baureihe 401. Durch die Ausmusterung der schadhaftesten Wagen können nur noch verkürzte Züge gebildet werden. Mit dem ICE 1 soll man noch bis 2030 reisen können.

ICE-S – Deutschland, Österreich, Schweiz

Rekord-Geschwindigkeit: 393 km/h – Baujahr: von 1994 bis 1996
ICE-S in Würzburg
Die Deutsche Bahn ließ Mitte der Neunzigerjahre einen neuen Experimentalzug zusammenstellen, um den inzwischen veralteten ICE-V zu ersetzen. Der ICE-S bestand ursprünglich aus ICE-2-Triebköpfen und drei Mittelwagen, wobei neue, teils angetriebene Drehgestelle getestet wurden, die später in Serie im ICE 3 Einzug hielten. Noch heute wird der ICE S zur Überprüfung von Gleisen und Oberleitungen herangezogen oder Komponenten auf Herz und Nieren geprüft.

ICE-T – Deutschland, Österreich, Schweiz

Zugelassene Höchstgeschwindigkeit: 230 km/h – Baujahr: von 1997 bis 1999
ICE-T2 im Bahnhof von Lichtenfels
Die Deutsche Bahn bestellte Mitte der Neunzigerjahre 43 siebenteilige sowie 11 fünfteilige Intercity-Züge mit Neigetechnik. Obwohl die Triebwagenzüge nur 230 km/h schnell sind, wurden sie kurze Zeit später zur ICE-Familie aufgewertet. Die ICE-T beschleunigten den Verkehr auf bogenreichen Strecken. 2002 kam es zu einer Nachbestellung von weiteren 28 siebenteiligen Einheiten. Technische Unzulänglichkeiten und Probleme mit der Neigetechnik verärgerten vor allem in den Anfangsjahren die Fahrgäste. Im Juni 2025 sollen die fünfteiligen ICE-T ausrangiert werden.

railjet – Österreich, Schweiz, Deutschland, Ungarn, Tschechien

Rekord-Geschwindigkeit: 275 km/h – Inbetriebnahme: 12/2008
railjet in München Hbf.
Die erste railjet-Generation wurde 2008 in Betrieb genommen, bestehend aus 23 lokbespannten Wendezügen von Siemens mit Taurus-Mehrsystemlokomotiven und aerodynamischen Endwagen. Sie sind komfortabel, dreiklassig und erreichen bis zu 230 km/h. Der railjet verbindet wichtige Städte wie Wien, Salzburg, Graz, Innsbruck sowie internationale Ziele wie München, Zürich, Budapest und Prag. Insgesamt wurden 67 dieser Züge bestellt. Die zweite Generation mit Steuerwagen im Vectron-Design startete 2024. Bis 2028 sollen 27 Einheiten produziert werden. Zudem bestellten die ÖBB 14 doppelstöckige KISS-Züge für den innerösterreichischen Verkehr, die ab 2026 in Betrieb gehen sollen.

ICE 4 – Deutschland, Österreich, Schweiz

Zugelassene Höchstgeschwindigkeit: 265 km/h – Inbetriebnahme: 24.10.2016
ICE 4 bei Würzburg
Zwischen 2011 und 2026 stellt Siemens insgesamt 137 Hochgeschwindigkeitszüge vom Typ ICE 4 her. Die Deutsche Bahn möchte mit dem neuen Rückgrat der ICE-Flotte die alten Baureihen ICE 1 und ICE 2 sowie die verbliebenen Intercity-Züge ersetzen. Der Regelbetrieb mit den ersten Zügen begann im Dezember 2017 zwischen München und Hamburg. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von lediglich 250 bzw. 265 Stundenkilometern sind die ICE 4 langsamer als die ICEs der ersten Generation. Neben den zwölfteiligen ICE-4-Garnituren gibt es auch sieben- sowie dreizehnteilige Kompositionen.

EC250 Giruno (RABe 501) – Deutschland, Italien, Österreich, Schweiz

Zugelassene Höchstgeschwindigkeit: 249 km/h – Inbetriebnahme: 2019
EC250 Giruno Testfahrt zwischen Erlen und Romanshorn.
Die Schweizerische Bundesbahnen AG beauftragte 2014 den heimischen Bahnhersteller Stadler Rail mit dem Bau von 29 Hochgeschwindigkeitszügen. Sie sind für den internationalen Einsatz in der Schweiz, in Italien, Deutschland und Österreich vorgesehen. Seit 2015 werden die Züge bei den SBB als „Giruno“ (Bussard) geführt. 2019 startete innerhalb der Schweiz der kommerzielle Betrieb. Milano wird seit 2020 mit den Giruno-Zügen bedient. Genova, Bologna und Venezia kamen 2022 als weitere Destinationen hinzu. 2026 sollen mit weiteren neun 11-teiligen Garnituren auch Ziele in Deutschland angefahren werden.

Vectrain (ComfortJet) – Dänemark, Deutschland, Österreich, Polen, Tschechien, Ungarn

Höchstgeschwindigkeit: 230 km/h
Vectrain auf der InnoTrans 2024 in Berlin.
Der Vectrain ist ein modularer Passagierzug und besteht aus Vectron Loks von Siemens und VectrainReady Reisezugwagen. Wird nur eine Vectron-Lokomotive verwendet, befindet sich am anderen Zugende ein Vectron Cab Car im Vectron-Design. Siemens bietet Vectouro-Reisezugwagen an, die bereits optimal auf das Vectrain-Konzept abgestimmt sind. 2021 orderte das staatliche Eisenbahnverkehrsunternehmen in Tschechien, České dráhy (ČD), 20 mal 9 Wagen plus 50 Vectron-Mehrsystem-Loks, um daraus 230 km/h schnelle ComfortJet-Garnituren zu bilden. 2024 sollen die ersten Züge in den Plandienst gehen.

ICE L – Deutschland, Niederlande, Dänemark, Österreich

Zugelassene Höchstgeschwindigkeit: 230 km/h – Baujahr: von 2019 bis 2030
ICE-L Steuerwagen.
Beim ICE L handelt es sich um 230 km/h schnelle Hochgeschwindigkeitszüge, bestehend aus einer Mehrsystemlokomotive der Talgo-Eigenentwicklung „Travca“ (DB Baureihe 105), 16 Talgo-Zwischenwagen und einem Talgo-Steuerwagen. Herausragend ist der ebenerdige Einstieg und der flexible Einsatz im grenzüberschreitenden Verkehr. 2019 wurden 23 Garnituren bei Patentes Talgo unter dem Projektnamen „ECx“ in Auftrag gegeben. 2023 bestellte die DB weitere 56 Einheiten nach. Die Betriebsaufnahme auf der Relationen Berlin – Amsterdam soll 2026 erfolgen. Sowohl die Dänischen Staatsbahnen (DSB) als auch Flix bestellten Züge, die ebenfalls wie die ICE L auf der Talgo-230-Plattform basieren.

Insgesamt 8 verschiedene Hochgeschwindigkeitszüge

Quellenangaben

  1. „Die ÖBB in Zahlen“, Zahlen Daten Fakten 2024/2025, ÖBB Konzern Website, abgerufen am 25.05.2025.
  2. „Österreich erneut Bahnfahrland Nummer 1 in der EU“, Bundesministerium, Kategorie Mobilität, 30.04.2021.
  3. 1OÖBB“, Zahlen Daten Fakten 2022/23, S. 3.
  4. „Vollgas mit 87 Tonnen“, Kurier.at, 02.09.2006.
  5. „ÖBB Nightjet: Reisen Sie über Nacht in mehr als 25 europäische Metropolen“, Website https://www.bahn.de/angebot/international/oebb-nightjet, abgerufen am 25.05.2025.
  6. „ICE in Österreich“, Eisenbahn-Revue International, 7–8/1998, S. 282–283.
  7. „Österreich: Im ICE ‚Ski Express Tirol‘ von Hamburg nach Sankt Anton“, Lok Report, 29.01.2023.
  8. „250 km/h: Stadler verkauft seinen schnellsten Zug erstmals ins Ausland“, Tagblatt, 12.03.2025.
  9. „Italienischer Hochgeschwindigkeitszug Frecciarossa soll in Deutschland fahren“, Spiegel Online, 21.05.2025.
  10. „Schnellfahrversuche bei den ÖBB“, Special ETR Austria, 2/2005, S. 716–723.
  11. „Koralmbahn“, ÖBB: Projekte für Österreich, Website https://infrastruktur.oebb.at/de/projekte-fuer-oesterreich/bahnstrecken/suedstrecke-wien-villach/koralmbahn, abgerufen am 25.05.2025.
  12. „Semmering-Basistunnel: Rund um den Bau“, ÖBB Infra, Website abgerufen am 25.05.2025.
  13. „Semmering-Basistunnel: Das Jahrhundert-Projekt“, ÖBB Infra, PDF mit Stand November 2022, S. 2.
  14. Alexandra Hawlin, Elisa Miebach: „Stau am Brenner: Wann enden die Geduldsproben?“, ZDF heute, 27.07.2024.
  15. Der Brenner Basistunnel – Die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt“, Beobachtungsstelle Brenner Basistunnel, Website https://www.bbtinfo.eu/brenner-basistunnel/, abgerufen am 29.05.2025.